Seit 2002 verpflichtet das Heimgesetz die Aufsichtsbehörde, einen jährlichen Tätigkeitsbericht zu erstellen und zu veröffentlichen. Nicht in der Form wie z. B. in Großbritannien, wo jeweils Heime mit den festgestellten Mängeln namentlich benannt werden. Die Tendenz geht aber deutlich dahin, nicht nur ein Kontrollinstrumentarium zu schaffen, sondern gezielt Verbraucherschutz und Interessenvertretung für ältere und pflegebedürftige Menschen zu ermöglichen. Zweck des Gesetzes ist es, die Würde, die Interessen und die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen. Dies soll zunächst durch Beratung geschehen. Wenn Mängel dadurch nicht beseitigt werden können, kann dies durch Anordnungen, durch Festsetzung von Zwangs- oder Bußgeldern bis hin zur Androhung der Betriebsuntersagung erzwungen werden.
Rechtliche Grundlagen sind neben dem Heimgesetz die Verordnungen zur personellen und baulichen Mindestausstattung von Heimen und zur Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner. Dieser gesetzliche Rahmen mit Anforderungen an den Betrieb eines Heimes gibt der Heimaufsicht sehr weitreichende Möglichkeiten. Die Heimaufsicht darf Einrichtungen zu jeder Tages- und Nachtzeit, an Wochenenden und Feiertagen, angemeldet oder unangemeldet betreten. Sie kann alle Unterlagen einsehen oder anfordern, die der Aufklärung von Sachverhalten dienen. Und sie kann Grundrechte einschränken, indem sie Wohnungen der Heimleitung oder der Pflegedienstleitung betreten und das Hausrecht der Bewohnerinnen und Bewohner außer Kraft setzen kann.
Beim Landratsamt Bodenseekreis setzen Jürgen Fischer seit 1996 und Patricia Gallé-Moßmann seit 2002 die Möglichkeiten und Anforderungen um, unterstützt durch Dr. Veronika Kley, Nik Brunner und Wilfried Vogl vom Gesundheitsamt. Jede Einrichtung ist mindestens einmal jährlich zu prüfen.
In den meisten Fällen besteht eine kooperative Zusammenarbeit mit den Heimträgern und Heimleitungen. Bei „beratungsresistenten“ Betreibern müssen mitunter aber auch die Möglichkeiten des Gesetzes ausgeschöpft werden.
Die Aufzählung der Tätigkeiten im Jahr 2003 macht deutlich, wie interessant und anspruchsvoll die Aufgabe der Heimaufsicht ist bei unterschiedlichsten Anforderungen und Problemen, wie sie bei Pflegeheimen zwischen 4 und 124 Plätzen sowie bei über 1.000 Plätzen in Behinderteneinrichtungen auftreten können.
Im Bodenseekreis umfasst die Heimaufsicht 35 Altenpflegeheime und 8 Einrichtungen für behinderte oder psychisch kranke Menschen, die zudem noch 11 Außenwohngruppen unterhalten.
38 Einrichtungen wurden im vergangenen Jahr einmal oder mehrfach geprüft. In einem Fall waren vier Begehungen erforderlich, bis schließlich und nicht zuletzt die Feststellungen und Maßnahmen der Heimaufsicht den Betreiber zur Schließung veranlasst haben. 18 dieser 38 Prüfungen wurden unangekündigt durchgeführt. Seit Mitte 2003 erfolgt generell keine Ankündigung mehr, um ein objektives Bild des Heimbetriebs zu erhalten, was allerdings den Aufwand für Vor- und Nachbereitung einer solchen Prüfung erhöht. Darüber hinaus waren 120 weitere Termine wahrzunehmen zur Beratung von Heimträgern, Heimleitungen, Pflegedienstleitungen, Bewohnerinnen und Bewohnern oder deren Angehörigen, Gespräche mit Pflegekassen, Hauptzollamt, Kriminalpolizei und Brandschutz, aber auch zur Fortbildung, zu Dienstbesprechungen und zum Erfahrungsaustausch mit den Heimaufsichtsbehörden anderer Landkreise.
In 17 Fällen gingen Beschwerden ein, meist von Angehörigen. Diese bezogen sich überwiegend auf Mängel in der Pflege- und Betreuungsqualität, auf bauliche Mängel und auf das Verfahren bei Entgelterhöhungen.
Eine abnehmende Qualität in der Pflege und Betreuung war mehrfach festzustellen, wenn Heime in der personellen Ausstattung nur noch die Mindestanforderungen erfüllen oder sogar unterschreiten. Erst dann und nur, wenn gleichzeitig pflegerische Mängel erkennbar sind, kann die Heimaufsicht Maßnahmen ergreifen. So war in 10 der geprüften Heime der vorgeschriebene Anteil an Pflegefachkräften von mindestens 50 % nicht mehr erfüllt. Sehr häufig fehlten Fachkräfte mit einer gerontopsychiatrischen Zusatzausbildung, dies bei einem Anteil von demenzkranken Bewohnerinnen und Bewohnern, der in fast allen Heimen zwischen 60 und 80 % erreicht hat.
Bauliche Mängel waren festzustellen, wenn, meist aus wirtschaftlichen Gründen, Sanierungsmaßnahmen über längere Zeit unterblieben sind. Aber auch bei Neubauten sind immer wieder Mängel festzustellen, angefangen von fehlenden Steckdosen bis zu nicht ausreichenden Bewe-gungsflächen für Rollstuhlfahrer. Hier bietet die Heimaufsicht an, bereits in der Planungsphase be-ratend mitzuwirken, und ist auch im Baugenehmigungsverfahren beteiligt.
Häufiger festzustellen waren Mängel in der Arbeitsorganisation, im Bereich der Hygiene und in der Aufbewahrung von Medikamenten, die in der Regel im Wege der Beratung abgestellt werden konnten.
Insgesamt haben die Pflegeheime im Bodenseekreis im vergangenen Jahr in der Pflege und Betreuung eine hohe Qualität geboten. Dort, wo sich die personelle Ausstattung dem Grenzbereich näherte, musste teilweise auf die Einhaltung der Mindestanforderungen hingewirkt werden, in zwei Fällen durch eine entsprechende Anordnung. In diesem Spannungsfeld zwischen qualitativen Vorgaben und wirtschaftlichen Möglichkeiten ist und bleibt es Aufgabe der Heimaufsicht, die gesetzlichen Mindestanforderungen durchzu-setzen und darüber hinaus im einen oder anderen Fall Überzeugungsarbeit zu leisten – zur Wahrung der Würde und zum Schutz der Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner.
Weitere Informationen erteilt beim Kreissozialamt Jürgen Fischer,
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