Wie trägt freiwilliges Engagement von Bürgerinnen und Bürgern zur Gesundheit und zu gesunden Lebensbedingungen bei? Unter dem Stichwort „Bürgerschaftliches Engagement und Gesundheit“ ist eine Gruppe von 5 Fachkräften aus dem Landratsamt dieser Fragestellung nachgegangen mit dem Ziel, die Bedeutung des Freiwilligen Engagements durch gute Beispiele aus der Praxis einer breiten Öffentlichkeit bewusst zu machen.
Gesundheit ist mehr als Abwesenheit von Krankheit. Gesundheit entsteht da, wo Menschen leben und wohnen, lernen und arbeiten, spielen, lachen oder streiten. Das freiwillige Engagement trägt entscheidend dazu bei, die Kräfte und sozialen Bindungen der Menschen zu stärken und zwar genau dort, wo sie leben: im Stadtteil, in der Familie, in Kindergarten und Schule, im Betrieb, in Senioreneinrichtungen etc.
Es bietet sich an, beispielhafte Einrichtungen aus dem Bodenseekreis zu Wort kommen zu lassen, denn Kindergarten, Schule, Arbeitsstätte und Senioreneinrichtungen sind markante Stationen der Lebensentwicklung.
Zu Beginn dieser Reihe stellt das Montessori-Kinderhaus in Überlingen Nussdorf das freiwillige Engagement in seiner Einrichtung vor:
Das Montessori-Kinderhaus in Überlingen-Nußdorf ist 1991 aus einer privaten Elterninitiative heraus entstanden. Es bietet 24 Plätze für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. Das Montessori-Kinderhaus wird vom Verein „Montessori Überlingen e.V.“ und von der Stadt Überlingen getragen.
Nach Auffassung von Maria Montessori (1870 – 1952) ist das Kind von Geburt an ein soziales Wesen. Es kann seine individuelle Persönlichkeit nur voll entwickeln, wenn auch gleichzeitig seine sozialen Fähigkeiten gefördert werden. Jedes Kind wird als eigenständige Persönlichkeit gesehen und in seiner Einzigartigkeit bejaht. Die Aufgabe der Erwachsenen besteht darin, das Kind beim Aufbau seiner Persönlichkeit zu unterstützen und ihm Wege zur ganzheitlichen Entwicklung zu eröffnen.
Wer den Alltag im Kinderhaus miterlebt, wird schnell gewahr, wie sehr diese Einrichtung vom freiwilligen Engagement und den Aktivitäten der Eltern lebt. Direkt begründet sich das starke freiwillige Engagement in der Tatsache, dass der Verein einen Teil der Betriebskosten für das Kinderhaus selbst tragen und erwirtschaften muss. Die Bereitschaft zum freiwilligen Engagement ist eine Grundvoraussetzung für die Vereinsmitgliedschaft bzw. die Aufnahme eines Kindes im Kinderhaus.
Dieses Engagement ist in unterschiedlichen Bereichen erforderlich. Zunächst bezieht es sich auf die täglichen Erfordernisse im Kindergarten. In der Verantwortung der Eltern liegen die Reinigungsarbeiten im Kinderhaus, die Bereitstellung des Mittagessens, Instandsetzung und Reparaturen, Gartenpflege und –gestaltung. Das heißt nicht selten, den Feierabend oder einen Tag des Wochenendes im Kinderhaus zusammen mit anderen Eltern und Familien zu verbringen.
Das Spektrum an Aktivitäten für die Kinder erweitert sich um Angebote, die Eltern mit Unterstützung der Erzieherinnen von sich aus organisieren: Bastelaktionen im Kindergarten; Ausflüge zum Bauern; Besuche beim Imker und in verschiedenen Handwerksbetrieben. Hier können die Kinder Neues hautnah erleben, weil dies ihre Eltern und Erzieherinnen gemeinsam geplant und vorbereitet haben. Ebenso sind alle Eltern gefragt, wenn es um die Gestaltung und Durchführung von Festen und den „Tag der Offenen Tür“ geht. Bei diesen Anlässen sammeln sich Ideenreichtum und Phantasie. Die unterschiedlichsten Fähigkeiten aller Eltern ermöglichen viel Lebendigkeit und ein gutes Gelingen. Das sind Höhepunkte.
Wie kommt Geld in die Vereinskasse? Durch den vielfältigen Einsatz der Eltern und Familien, deren Kinder das Montessori-Kinderhaus besuchen. Versteigerungen beim Tag der Offenen Tür und beim Vereinsfest, Kuchenstände auf dem Überlinger Wochenmarkt, kulinarische Verwöhnung der Besucher beim Promenadenfest, Flohmärkte und Märchenstunden gelingen dank des Engagements zahlreicher Eltern und tragen dazu bei, die Kosten für den Betrieb des Kinderhauses zu decken.
Über alledem vollzieht sich die Arbeit im Verein auf rein ehrenamtlicher Basis. Auch hier ist die Reihe der Aktivitäten lang und kaum vollständig aufzuzählen. Kontakte zur Stadt Überlingen, Öffentlichkeitsarbeit, Neuaufnahmen in das Kinderhaus, Einstellungen und Vertragsgestaltung des Personals, Gesamtfinanzierung des Kinderhauses, Spendenaquise ... Der Vereinsvorstand, in dem sich Eltern von ehemaligen und derzeitigen Kinderhaus-Kindern engagieren, trägt eine hohe Verantwortung.
Das Kinderhaus „lebt“ und wird belebt, weil so viele sich freiwillig und aus Überzeugung für diese Einrichtung und für die Pädagogik Maria Montessoris einsetzen. Im Gespräch mit einer aktiven Mutter und der Vorsitzenden des Vereins kommt die Qualität dieses Engagements klar zum Ausdruck: Das große Spektrum an Möglichkeiten zur Mitgestaltung tut den Menschen gut. Die Eltern können ihre eigenen Ideen und ihre Kreativität verantwortlich in die Arbeit im Kinderhaus einbringen. Das schafft Verbindung untereinander. Es fördert ein sehr gutes Verhältnis zwischen Eltern und Erzieherinnen, lässt Freundschaft und gegenseitige Unterstützung wirksam sein. Nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern, Erzieherinnen und der Vorstand sind miteinander im Gespräch. Diese offene Kommunikation, die eigene Verantwortung und das gemeinsame Tun prägen in hohem Maße die Qualität und den Geist im Kinderhaus.
Margret Leitz, die Vorsitzende des Vereins resümiert: „Ohne dieses Engagement könnte das Kinderhaus nicht existieren; es gäbe dieses Kinderhaus dann nicht.“ Und es gäbe dann wahrscheinlich auch nicht die Qualität der Arbeit und die lebendigen Kontakte der Eltern untereinander, die nicht zuletzt auch für die Kinder eine große Bereicherung bedeuten und oft weit über die Kindergartenzeit hinaus tragfähig sind.
Wer sich für die Arbeit des Montessori-Kinderhauses interessiert bzw. den Verein unterstützen möchte wendet sich an Frau Margret Leitz Telefon 07551 69268, Spendenkonto: Konto-Nr. 698008 bei der Volksbank Überlingen BLZ 69061800
Begleitinformation:
Dies ist der erste von vier Berichten, die unter der großen Überschrift „Bürgerschaftliches Engegementt und Gesundheit“ stehen. Die weiteren Berichte (über einen Betrieb, eine Schule und Aktivitäten im Altenbereich) werden wir im ca. 14-tägigen Abstand veröffentlichen.