Startschuss für den Gemeindepsychiatrischen Verbund

Zur Gründungssitzung des Gemeindepsychiatrischen Verbunds trafen sich im Landratsamt Bodenseekreis Vertreter aller Einrichtungen, die im Bodenseekreis Hilfen für psychisch kranke Menschen erbringen sowie Vertreter der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Koordiniert vom Landkreis gründeten sie gemeinsam den Gemeindepsychiatrischen Verbund (GPV) im Bodenseekreis, mit dessen Hilfe sie in der Zukunft die Hilfsangebote für psychisch kranke Menschen weiterentwickeln wollen.

 

In seiner Begrüßung hob Sozialdezernent Andreas Köster hervor, dass die jüngst von allen Beteiligten unterschriebene Kooperationsvereinbarung für den Gemeindepsychiatrischen Verbund mit ihrer hohen Verbindlichkeit für alle Beteiligten, abgesehen von den gleichzeitig im Kreis Ravensburg aufgebauten Strukturen, bisher einmalig in Baden-Württemberg ist.

 

Rainer Barth, Sozialplaner des Bodenseekreises, konnte in seinem Rückblick darstellen, dass dies das Ergebnis eines 15jährigen Aufbauprozesses ist, an dem sich alle Akteure konstruktiv und engagiert beteiligt hatten. Besonders erfreulich und kennzeichnend für die offene Atmosphäre sei die engagierte Beteiligung der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Folgerichtig haben sie die Vereinbarung auch unterschrieben und sind als Mitglieder am GPV beteiligt.

 

Die Kooperationsvereinbarung sieht für den GPV drei Organe vor: Eine Arbeitsgemeinschaft, deren Aufgabe es ist, die Ziele zu formulieren und weiter zu entwickeln, eine Trägergemeinschaft, die diese Ziele umsetzen soll, und die im Rahmen eines Modellprojekts schon vor zwei Jahren eingerichtete Hilfeplankonferenz. In letzterer wird mit einer neuartigen, konkret auf die Lebenssituation und die Bedürfnisse des kranken Menschen zugeschnittenen Hilfebedarfsplanung gemeinsam mit ihm festgelegt, welche ganz konkreten Hilfen für ihn die richtigen sind. Als große Besonderheit an der Kooperationsvereinbarung betrachten alle Beteiligten die Tatsache, dass sich sämtliche Träger im Bodenseekreis dazu verpflichtet haben, niemanden in ihre Einrichtung aufzunehmen oder zu betreuen, ohne dass dies von der Hilfeplankonferenz beschlossen wurde. Diese vom Landkreis moderierte Konferenz tagt einmal im Monat, wenn gewünscht auch mit Beteiligung der betroffenen Klienten. Immer häufiger handelt es sich bei den festgelegten Hilfen um ambulante Maßnahmebündel, mit denen teure und für die Betroffenen oft wenig zufriedenstellende Heimaufnahmen verhindert werden.

 

Eine neue Qualität wird die Zusammenarbeit der Träger mit dem Landkreis bekommen. Der wird zum 1. Januar 2005 vom aufgelösten Landeswohlfahrtsverband die Eingliederungshilfe in seine Zuständigkeit übernehmen und damit zum Hauptfinanzier eines Großteils der Leistungen für psychisch kranke Menschen werden. Die mit dieser neuen Konstellation zusammenhängenden Fragen und die Suche nach neuen Lösungsansätzen werden in naher Zukunft für den GPV im Mittelpunkt stehen.

Im Rahmen dieser Auftaktsitzung wurde die Patientenfürsprecherin Sibil Morgenstern aus Meckenbeuren verabschiedet. Sie bot in den vergangenen 8 Jahren Betroffenen und Angehörigen Beratung und Unterstützung an, wenn diese Fragen oder Kritik zur Behandlung oder Betreuung hatten. Sie nahm Beschwerden entgegen, informierte über Rechte und versuchte gemeinsam mit allen Beteiligten, konstruktive Lösungen zu finden.

 

Ihr überaus großes Engagement und ihr Einsatz weit über den eigentlichen Auftrag hinaus wurden von Rainer Barth unter dem Beifall der Anwesenden gewürdigt. Unterstrichen wurde dies mit einem Blumenstrauß und einem Buchpräsent. In ihren eindrucksvollen abschließenden Worten beschrieb Sibil Morgenstern das oft schwierige Schicksal psychisch kranker Menschen, die sich häufig in einer desolaten Lebenssituation befinden. Sie musste in den 8 Jahren viele leidvolle Erfahrungen machen und dabei auch erleben, wie tief verzweifelte Menschen, zu denen sie Kontakt hatte, freiwillig aus dem Leben schieden. Sie konnte aber auch berichten, wie es immer wieder gemeinsam gelang, die Dinge auf einen positiven Weg zu bringen.

 

Noch ungeklärt ist im Augenblick die Nachfolgefrage, mit der sich der GPV in den nächsten Wochen beschäftigen wird.