Gesundheitskonferenz 2009 im Landratsamt

Gesundheitsförderung und Prävention im Bodenseekreis

"Jeder Schlaganfall ist ein Notfall" so lautete die Botschaft auf der diesjährigen Gesundheitskonferenz am 17.06.2009 im Landratsamt Bodenseekreis, zu der Sozialdezernent Andreas Köster ca. 120 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Gesundheit begrüßte. Auf der Tagesordnung standen: Schlaganfall, Übergewichtsprävention, Suchtprävention und betriebliche Gesundheitsförderung.

Häufig wird ein Schlaganfall nicht gleich als solcher erkannt. "Als ich vor 18 Jahren morgens halbseitig gelähmt aufwachte, dachte ich im Leben nicht an einen Schlaganfall", erklärt Raimund Moser von der Selbsthilfegruppe Schlaganfall Friedrichshafen auf dem Podium der Gesundheitskonferenz. Damit richtig reagiert werden kann, müssen die Symptome bekannt sein. Deshalb wurde vom Gesundheitsamt Bodenseekreis das brisante Thema der Schlaganfallfrüherkennung und Erstbehandlung gerne in die Agenda aufgenommen und das Plakat der Deutschen Schlaganfall Hilfe "Symptome erkennen und richtig handeln" an alle Arztpraxen im Kreis für den Aushang verschickt.

Ziel ist es, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger bei Symptomen, wie plötzlich aufgetretene Seh-, Sprach- und Sprachverständnisstörung sowie bei neu einsetzenden Lähmungen, Taubheitsgefühlen, Schwindel und Gangunsicherheiten und bei plötzlich beginnendem starkem Kopfschmerz an die Möglichkeit eines Schlaganfalles denken und umgehend die Rettungsleitstelle über die Notrufnummer 112 oder 19222 anrufen.

Die Experten auf dem Podium, die vom Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Bernhard Kiß, befragt wurden, kennen die Hemmnisse, die Angehörige vom sofortigen Reagieren abhalten. Viele Menschen scheuen sich, nachts Hilfe anzufordern oder denken, dass ein voreiliger Anruf beim Rettungsdienst Kosten verursachen könnte. Dadurch geht wichtige Zeit verloren, die dem Patienten zugute käme.

"Time is brain" lautet die Devise, denn in dem kurzen Zeitfenster von drei Stunden nach dem Auftreten erster Symptome sollte mit der Behandlung begonnen werden. "Nicht viel Zeit für alle Beteiligten", so sind sich Oberarzt Dr. Thomas Staudacher von der Oberschwaben Klinik in Ravensburg und Rosemarie Schneider, Geschäftsführerin des Deutschen Roten Kreuzes im Bodenseekreis einig. Der erste Anruf zur Abklärung des Bedarfs bei der Rettungsleitstelle sollte daher bei Verdacht unverzüglich erfolgen. Der Krankentransport im Rettungswagen ebnet die sofortige Weiterbehandlung in der Klinik. Des Weitern muss innerhalb dieser drei Stunden die Diagnose, ob es sich um verstopfte oder um geplatzte Adern im Gehirn handelt, abgeklärt werden. Wenn Patienten auf sogenannten „stroke units“, speziellen Schlaganfallstationen, behandelt werden, kann die Wahrscheinlichkeit von Folgebehinderungen um 30 Prozent gesenkt werden. Es ist wichtig, mit der Vorbeugung noch früher zu beginnen, erklären die Experten. Hauptrisikofaktor ist der Bluthochdruck, er sollte möglichst früh diagnostiziert und behandelt werden.
70 Prozent der Patienten, die den Schlaganfall überleben, bleiben langfristig behindert und viele davon pflegebedürftig. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Kliniken, niedergelassenen Ärzten, Pflegekräften und anderen Berufsgruppen, wie Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden in Form von Fallbesprechungen, können zu einer weiteren gesundheitlichen Verbesserung der Patienten beitragen. Das „Schlaganfall Nachsorge Netz Bodensee“ hat sich die Zusammenarbeit unterschiedlicher Leistungserbringer zum Ziel gesetzt und ist daher als beispielhaft anzusehen. „Vielleicht kann diese Veranstaltung zur Initialzündung werden“, wünscht sich Dr. Bernhard Kiß und regt an, einen Förderverein, wie es ihn im Landkreis Ravensburg gibt, zu gründen oder das „Schlaganfall Nachsorge Netz Bodensee“ auch zu Fragen der Prävention und dem Notfallmanagement zu erweitern. Hierüber könnte neben der Öffentlichkeitsarbeit auch die Fortbildung für alle beteiligten Berufsgruppen unterstützt werden.
Ergänzend zur Schlaganfallthematik berichteten drei Arbeitsgruppen zu ihren Schwerpunkten in der Prävention und Gesundheitsförderung im Bodenseekreis.

Aktuelle Projekte zur Primärprävention von Übergewicht, die vom Gesundheitsamt bearbeitet werden, stellte Christine Topcu vom "Bündnis zur Prävention von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen im Bodenseekreis" vor. Neben der Arbeit in Schulen und Kindergärten wurde das Spektrum der Aktivitäten auch auf Familientreffs und Multiplikatoren ausgeweitet, sowie eine Arbeitsgruppe zur Schulverpflegung gegründet. Eine Broschüre darüber ist zum download auf der Seite des Gesundheitsamtes unter www.bodenseerkreis.de erhältlich.
Über die Arbeitsgruppe "Jugend und Alkohol" der Arbeitsgemeinschaft Sucht wird derzeit das prämierte Projekt "Hart am LimiT - HaLT" im Bodenseekreis realisiert. "Wir versuchen den Jugendlichen und ihren Eltern im Falle einer alkoholbedingten Krankenhausaufnahme eines Jugendlichen sofort ein Hilfsangebot zu machen, da sie in dieser 'sensiblen' Phase der Krise sehr gut erreichbar sind", erklärten Annabel Eisele, die Beauftragte für Suchtprävention im Bodenseekreis und Wiltrud Bolien, die Kommunale Suchtbeauftragte zur Umsetzung.
Zum Schluss der Gesundheitskonferenz gab Dr. Jonas Hartleb von den Gesundheits- und Sozialdiensten der ZF Friedrichshafen AG einen Einblick in die aktuellen Themen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Die Finanzkrise und die dadurch bedingten Belastungen durch Kurzarbeit zählen ebenso dazu, wie Vorsorgeuntersuchungen oder die Influenza. Der Arbeitsmediziner wies darauf hin, dass sich Firmen mit ihren Arbeitsbedingungen auch auf die alternde Gesellschaft einstellen müssen, auch wenn die "langsame demografische Entwicklung nicht so weh tut, wie eine aktuelle Krise".