Im Jahr 2005 ist das Landratsamt zusammen mit vielen Akteuren angetreten, die Angebote für Menschen mit geistiger Behinderung im Bodenseekreis im Sinne des Inklusionsgedankens zu koordinieren und weiterzuentwickeln. Von Anfang an waren Vertreter der Angehörigen dieser Menschen beteiligt. Zwei der aktivsten in diesem Prozess, Hannelore Fischer aus Heiligenberg und Otto Saur aus Friedrichshafen, wurden nun vom Sozialdezernent des Bodenseekreises im Rahmen einer Sitzung der Netzwerkgruppe verabschiedet.
Die Netzwerkgruppe bildet den Kern des Netzwerks Behindertenhilfe, in dem alle wesentlichen Einrichtungen, der Landkreis, Vertreter der Angehörigen und seit drei Jahren auch Menschen mit Behinderungen gemeinsam daran arbeiten, die Angebote im Kreis so umzugestalten, dass Menschen mit Behinderungen in die Mitte der Gesellschaft kommen und dieselben Rechte wahrnehmen können wie alle anderen.
„Hannelore Fischer und Otto Saur haben fast ein Jahrzehnt lang mit viel Engagement, viel Kompetenz und viel Leidenschaft als ehrenamtlich Aktive die Belange der betroffenen Menschen und ihrer Angehörigen in die Netzwerkarbeit eingebracht“, sagte Sozialdezernent Andreas Köster beim Netzwerktreffen, das bereits Mitte November im Landratsamt stattfand. Er betonte den besonderen Weg, den der Bodenseekreis dabei eingeschlagen hat. Vor zehn Jahren wurde ein umfangreicher Planungsprozess in Gang gebracht, in den nicht nur sogenannte Profis, sondern auch Menschen mit Behinderung und deren Angehörige als Experten in eigener Sache eingebunden wurden. „Das entspricht dem Verständnis des Landkreises, Strukturentwicklung und Sozialplanung als demokratischen Gestaltungsprozess zu sehen“, so Köster.
Hannelore Fischer und Otto Saur spielten dabei eine Schlüsselrolle. Beide haben Kinder mit einer geistigen Behinderung und konnten so ihre persönlichen Erfahrungen und ihr Wissen einbringen. Otto Saur war über Jahrzehnte der gewählte Angehörigenvertreter bei der Diakonie Pfingstweid und in dieser Funktion Mitglied der Netzwerkgruppe. Andreas Köster bezeichnete ihn als eine „der herausragenden Persönlichkeiten“ im Bodenseekreis. Die Liste seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten, nicht erst in den Jahrzehnten nach seiner aktiven Berufszeit, sei kaum überschaubar. Darunter die Gründung der Lebenshilfe vor 50 Jahren und später des Hospizvereins in Friedrichshafen.
Saur bat in seiner Ansprache eindringlich darum, bei den Bemühungen um die Inklusion die Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf nicht zu vergessen. Sie dürften nicht zu Übriggebliebenen in den Einrichtungen werden.
Rainer Barth, Sozialplaner und Moderator des Netzwerks Behindertenhilfe verlieh Otto Saur den Ehrentitel „Alterspräsident“ und bedankte sich für die fachlich und menschlich bereichernde Zusammenarbeit. Zusammen mit Hannelore Fischer hätte er wesentlich dazu beigetragen, dass eine Atmosphäre des Vertrauens und der gegenseitigen Wertschätzung in der Netzwerkgruppe entstanden ist. Hannelore Fischer kommentierte dies mit den Worten „Wo man aus vollem Herzen um eine Sache ringt, kann man sich nicht weh tun.“
Hannelore Fischer kam als Angehörigenvertreterin der Camphill-Schulgemeinschaften zum Netzwerk Behindertenhilfe. Bei ihr bedankte sich Andreas Köster für „die herzerfrischende Art, ihr unkonventionelles Denken und ganz speziell für ihren großen Einsatz beim Aufbau und der Moderation des Arbeitskreises Beteiligung“, in dem 16 Menschen mit geistiger Behinderung innerhalb des Netzwerks ihre Wünsche und Forderungen formulieren. Dass dem Arbeitskreis dafür vor einem Jahr auf Landesebene der Preis „Leuchtturm der Bürgerbeteiligung“ verliehen wurde, sei wesentlich ihrem Einsatz zu verdanken, so der Dezernent. Er bezeichnete Fischer als „Seele des Netzwerks.“