Kreispartnerschaft: Räte besuchen Landkreis Leipzig

Die Delegation aus dem Bodenseekreis vor dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, das an die Zurückschlagung der napoleonischen Truppen vor gut 200 Jahren erinnert.
Landrat Lothar Wölfle, Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger und Landrat Dr. Gerhard Gey (v.l.) im Gespräch über den Hochwasserschutz für die Altstadt von Grimma. Im Hintergrund ältere Pegelstände. Die Marken der Hochwasser 2002 und 2013 liegen einige Meter darüber.
Oberbürgermeister Matthias Berger (3. v.l.) zeigt den Gästen aus dem Bodenseekreis einen Abschnitt der derzeit für 54 Millionen Euro entstehenden Hochwasser-Schutzmauer. Diese ist nicht nur mehrere Meter hoch, sondern reicht auch zwölf Meter tief in die Erde, um das Grundwasser zurückzuhalten. (Vorne von rechts: Landrat Lothar Wölfle, Umweltdezernent Norbert Schültke und Leipzigs Landrat Dr. Gerhard Gey) Fotos: Landratsamt Bodenseekreis, Robert Schwarz

Mitglieder des Kreistags und Führungskräfte der Verwaltung des Bodenseekreises haben am vergangenen Wochenende (23. bis 26. April 2015) den Partnerlandkreis Leipzig in Sachsen besucht. Im Mittelpunkt der dreitägigen Informationsreise standen sowohl der fachliche Austausch zu konkreten kommunalpolitischen Themen, als auch das Kennenlernen von Land und Leuten.

„Zu Beginn unserer Partnerschaft stand die Aufbauhilfe für die neuen Bundesländer im Mittelpunkt. Nun sind wir Partner auf Augenhöhe, die nach wie vor neugierig aufeinander sind und voneinander lernen wollen“, sagte Leipzigs Landrat Dr. Gerhard Gey bei der Begrüßung der 23 Gäste vom Bodensee. Außerdem sei heute das Wasser als prägendes Element eine weitere Gemeinsamkeit beider Landkreise, erklärte Gey. Denn mit der Renaturierung der ehemaligen Braunkohletagebaue südlich der Stadt Leipzig entstehe hier gerade einer der künftig größten Binnengewässerverbunde Deutschlands.

Die Politiker und Verwaltungsleute aus dem Bodenseekreis machten sich sodann auch vor Ort ein Bild von der dynamischen Entwicklung der Region. Ihr Tagungsort befand sich direkt am Ufer des noch jungen Störmthaler Sees. Erst vor genau einem Jahr ist die 730 Hektar große Wasserfläche für die öffentliche Nutzung freigegeben worden. „Als wir 2011 das letzte Mal hier zu Besuch waren gab es am Ufer zwar schon Steganlagen und Dalben, aber noch kein Wasser“, erinnerte sich Landrat Lothar Wölfle. Heute gibt es hier einen kleinen Yachthafen, Strände und sogar eine schwimmende Insel, die an eine dem Tagebau geopferte Kirche erinnern soll. „Ich bin beeindruckt von der dynamischen Entwicklung dieser Landschaft und auch von der dahinter stehenden Leistung der Leipziger Kreisverwaltung“, sagte Wölfle. 

Wasser hatte auch Grimma, die größte Stadt des Landkreises, über die sächsischen Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht: 2002 und 2013 wurde es von extremen Hochwassern überflutet und verursachte Schäden von 250 und 170 Millionen Euro. Markierungen an den Hauswänden in der historischen Innenstadt zeugen von den damals meterhohen Pegelständen. „Seit 2007 entsteht hier für rund 54 Millionen Euro ein durchgängiger Hochwasserschutz, der 2017 fertig werden soll und die Stadt vor einem der Wahrscheinlichkeit nach alle einhundert Jahre vorkommenden Hochwasser schützen soll“, erklärte Oberbürgermeister Matthias Berger den Gästen vom Bodensee. Auf einer Länge von zwei Kilometern entstehe hier eine zwölf Meter tief reichende Mauer mit rund 100 Toren und Verschlüssen, um dem Druck von Fluss- und Grundwasser standhalten zu können. „Um die Anlage künftig innerhalb von drei Stunden vollständig zu verschließen, haben wir eigens eine Wasserwehr gegründet, in der viele Bürgerinnen und Bürger aktiv eingebunden sind und Verantwortung tragen“, erläuterte Berger bei einem Stadtrundgang. Die Alarmierung erfolge gleichzeitig über Sirenen, SMS, Internet sowie Radio und Fernsehen.

Fachlich hatten sich die Kommunalpolitiker und Verwaltungschefs ebenfalls gegenseitig viel zu berichten. Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen ist in beiden Landkreisen gleichermaßen eine Herausforderung. Zwar könnten im Landkreis Leipzig viele Flüchtlinge in leerstehenden Wohnungen untergebracht werden. Aber auch in Sachsen sei die vom Bundesland gezahlte Pauschale nicht auskömmlich, sodass die Kommunen etwa die Hälfte der tatsächlichen Kosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten hätten, erklärte der 2. Beigeordnete und zuständige Dezernent Dr. Thomas Voigt. Planlose Zuweisungen des Landes und fehlende ausländerrechtliche Regelungen, infolgedessen einige Asylbewerber teilweise viele Jahre lang in Gemeinschaftsunterkünften leben müssten, seien für die dortige Kreisverwaltung eine große Herausforderung. Um den landläufig bekannten negativen Schlagzeilen aus Sachsen etwas entgegenzusetzen, „müssen und wollen wir die überwiegend positiven Seiten dieses Themas nach vorne holen“, erklärte Voigt, denn es gebe im Landkreis Leipzig viele Beispiele menschlicher Begegnungen, gelebter Willkommenskultur und gelungener Integration.

Auch die Sozialpolitik, Integration und Inklusion älterer Menschen mit Behinderung sowie die Tourismusförderungen waren intensiv mit den Leipziger Kreisräten, Dezernenten und Amtsleitern diskutierte Themen. Eine Führung durch das Zentrum der Boomstadt Leipzig und Treffen mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aus dem Landkreis standen ebenfalls auf dem Programm. „Ihr herzlicher Empfang, viele Beispiele engagierter und erfolgreicher Kommunalpolitik sowie interessante Denkanstöße werden wir mit nach Hause an den Bodensee nehmen“, bedankte sich Landrat Wölfle bei den Leipziger Gastgebern. 

Der Bodenseekreis pflegt seit 1990 einen engen Kontakt zum Leipziger Umland, damals dem Landkreis Grimma. Aufgrund einer Verwaltungsreform im Jahr 1994 wurde der Kreis Grimma mit dem Kreis Wurzen zum Muldentalkreis zusammengelegt, der wiederum 2008 im heutigen Landkreis Leipzig aufging. Dieser erstreckt sich wie ein südlicher Kragen um die Stadt Leipzig. Die Einwohnerzahl ist mit rund 258.000 nur etwas größer wie die des Bodenseekreises (rund 210.000 Einwohner). Seine Fläche ist mit 1.647 Quadratkilometern aber mehr als doppelt so groß (Bodenseekreis: 665 Quadratkilometer).

Zuletzt war im Mai 2014 eine Leipziger Fachgruppe aus dem Bereich Umwelt und Kreisentwicklung zu Gast bei ihren Pendants des Landratsamts Bodenseekreis und auch beim Kreisfamilienfest am 3. Oktober 2014 in Salem war Besuch aus dem sächsischen Landkreis dabei.