Weniger Bürokratie bei der Pflege

Wollen gemeinsam die Pflege entbürokratisieren (v.l.): Landrat Lothar Wölfle, Erhard Weiß, Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und MdB Lothar Riebsamen, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion. Foto: Landratsamt Bodenseekreis, Robert Schwarz

Der Bodenseekreis will neue Wege bei der Pflegedokumentation und der Heimaufsicht gehen und damit Modellregion für ganz Deutschland werden. Denn bereits jetzt machen elf von 32 aller stationären Alten- und Pflegeheime im Landkreis beim Entbürokratisierungs-Projekt des Bundesgesundheitsministeriums „Ein-STEP“ mit, also ein Drittel. Ein Viertel hatte das Ministerium bei dessen Start im Frühjahr dieses Jahres als Zielmarke ausgerufen, womit der Bodenseekreis schon jetzt deutlich darüber liegt. Außerdem wollen die verschiedenen Behörden und Institutionen, die regelmäßig Kontrollen in solchen Heimen durchführen, künftig stärker zusammenarbeiten und ihre Kontrolltermine miteinander koordinieren. Am Ende dieses Prozesses könnten auch inhaltliche Dopplungen vermieden und Synergien genutzt werden. Das teilten der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion MdB Lothar Riebsamen, Landrat Lothar Wölfle und Erhard Weiß, Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) am Montag (11. Mai 2015) im Landratsamt Bodenseekreis mit.

Das vom Bundesgesundheitsministerium forcierte Projekt „Ein-STEP“ diene der Vereinfachung der Pflegedokumentation, damit die Fachkräfte in den Heimen künftig wieder mehr ihrer wertvollen Zeit für die Bewohner und Patienten aufbringen können, erklärte Lothar Riebsamen. Dafür seien vom Bund neue Formulare und Programme entwickelt worden, mit denen künftig nur noch „Atypisches“ dokumentiert werden soll, beispielsweise wenn ein Bewohner besondere Zuwendung gebraucht hat, er oder sie nichts isst oder es ein besonderes Vorkommnis bei der Pflege gab. Bisher schreiben die Schwestern und Pfleger jede Aktion auf, was reichlich Zeit kostet. Heute sei eine Pflegekraft zur Hälfte ihrer Arbeitszeit mit Bürokratie beschäftigt, sagte Lothar Riebsamen. „Das muss aufhören. Bisher musste alles aufgeschrieben werden, künftig nur noch Auffälligkeiten“, wirbt er für die „Neue Pflegedokumentation“. Deshalb gehe es jetzt darum, dass möglichst viele Einrichtungen auf das neue System umsteigen. Laut Riebsamen wären 30 Prozent Zeitgewinn durch weniger Büroarbeit drin.

BGW-Geschäftsführer Erhard Weiß lobte denn auch, wie „Ein-STEP“ im Bodenseekreis anlaufe. Mit den regelmäßig stattfindenden Heimkonferenzen herrsche ein guter fachlicher Austausch der Einrichtungen. Schon jetzt könne man feststellen, dass die Erkenntnisse während des Projekts Vorteile für ihre tägliche Arbeit brächten. Das Personal könne verstärkt wieder typische Fachkräfteaufgaben wahrnehmen und auch die  Qualität steigern, so Weiß.

Ganz vorne will der Bodenseekreis auch beim Thema Heimkontrollen mitspielen: Bisher arbeiten eine ganze Reihe von Behörden und Institutionen parallel zu einander und führen Heimkontrollen durch, beispielsweise das Sozialamt, der Brandschutz, die Lebensmittelkontrolleure und die Berufsgenossenschaften. Die Pflegeteams kostet das Zeit und es unterbricht deren ohnehin straffen Arbeitsrhythmus, vor allem wenn solche Termine kurz aufeinanderfolgend stattfinden oder wenn diese sich inhaltlich überschneiden. Mit einer verstärkten Zusammenarbeit dieser Stellen, soll das nun Schrittweise verbessert werden: Man spricht sich zunehmend bei der Terminplanung und auch inhaltlich ab, wo es gesetzlich geht.

Nicht Einsparungen seien aber das Ziel all dieser Bemühungen, sondern „Fachkräfte wieder ans Bett zu bringen, weg vom Computer“, wie Lothar Wölfle es formulierte. Denn schon jetzt gebe es im Pflegebereich einen Fachkräftemangel, der wegen des demografischen Wandels künftig auch noch zunehmen dürfte, wie die Politiker und Fachleute es einschätzen. Entbürokratisierung sei ein Schritt in die richtige Richtung, um dem entgegenzuwirken.