Beispiel für Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen: „Ich will ein Vorbild für meine Kinder sein“

Mit seinen 38 Jahren sieht Haschem Al-Sheikh nicht wie ein typischer Lehrling aus. Doch genau das hofft er, bald im Bereich Anlagenbau des Zeppelin-Konzerns in Friedrichshafen zu sein. Zurzeit durchläuft der Syrer eine Einstiegsqualifikation, die ihm die erforderlichen sprachlichen und fachlichen Kenntnisse für eine Lehre als Konstruktionsmechaniker vermitteln soll. Seit etwas mehr als zweieinhalb Jahren ist er in Deutschland, das geforderte Sprachniveau für eine Ausbildung hat er bereits erreicht. „Ich fange hier wieder von vorne an, aber ich will es schaffen“, sagt Al-Sheikh. „Ich möchte ein Vorbild für meine Kinder sein. Man darf sich nie aufgeben. Deutschland ist meine neue Heimat“, beschreibt er seine Motivation.

Haschem Al-Sheikh hat vor seiner Flucht als Navigator auf Handelsschiffen gearbeitet. Er hat viele Teile der Welt gesehen, kennt auch das Gefühl, von der Familie getrennt zu sein. Monatelang war er auf den Handelsrouten unterwegs. Der Krieg in Syrien hat ihn dann für mehr als zwei Jahre von seiner Familie getrennt. Erst in Deutschland hat er seine Frau und seine beiden fünf und neun Jahre alten Söhne wieder gesehen.

Nun ist Al-Sheikh entschlossen, sich hier eine neue Heimat aufzubauen. Über Zeppelin Anlagenbau soll der Einstieg in das Berufsleben gelingen. „Ich habe keine Probleme mit der Arbeitseinstellung in Deutschland. Auch als Navigator war es wichtig, präzise und ordentlich zu arbeiten. Außerdem hat man auf einem Schiff immer viele Aufgaben. Ein Verständnis von Mechanik war schon immer wichtig“, erzählt er nicht ohne Stolz.

Ralph Kirchmaier, der Ausbildungsleiter beim Zeppelin Anlagenbau in Friedrichshafen, freut sich über seinen syrischen Mitarbeiter. „Wir sehen mit Freude, wie die Integration gelingt. Als Stiftungsunternehmen haben wir eine soziale Verantwortung, die bei uns auch gelebt wird“, erklärt er. Zur erfolgreichen Integration Geflüchteter sei es wichtig, so Kirchmaier, bei den neu angekommenen Menschen ein Bewusstsein für die Wertigkeit der Berufsausbildung und den Status von Facharbeitern zu schaffen. Beides gehöre fest zur Arbeitswelt in Deutschland und sei ein Erfolgsfaktor der hiesigen Wirtschaft. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Zusammenarbeit in Netzwerken. „Mit dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit haben wir bisher gute Erfahrungen gemacht. Auch die Einstiegsqualifizierung von Herrn Al-Sheikh wurde durch das Jobcenter schnell und reibungslos bewilligt“, macht Kirchmaier deutlich.

Ein weiterer Baustein in dieser werdenden Erfolgsgeschichte ist der ausbildungsbegleitende Nachhilfeunterricht, den das Jobcenter gemeinsam mit dem vom Arbeitgeberverband Südwestmetall beauftragten Integrationslotsen organisiert hat. Einfach war auch das nicht, weil für Haschem Al-Sheikh mit seinen 38 Jahren ein Sonderstatus definiert werden musste. „Auch dieses Beispiel zeigt, dass das Geheimnis des Erfolges darin liegt, dass alle Akteure und Institutionen, wie die Firma Zeppelin, das Jobcenter, die Bundessagentur für Arbeit, die IHK, die Berufsschule und der berufliche Bildungsanbieter BBQ gemeinsam an einem Strang ziehen“, erklärt Maria Gerard, Chefin des Jobcenters Bodenseekreis.

Am Standort Friedrichshafen stellt der Zeppelin Konzern jährlich sechs bis acht neue Auszubildende im Geschäftsbereich Anlagenbau ein. Haschem Al-Sheikh möchte ab September ebenfalls dazu gehören. Durch die Einstiegsqualifizierung kann er im besten Fall auch gleich ins zweite Lehrjahr vorrücken. Die meisten Schwierigkeiten in der Schule bereiten ihm seinen Schilderungen zufolge noch die Textaufgaben in Mathematik. Der Nachhilfeunterricht, so hofft er, soll da bis zum Ausbildungsbeginn Abhilfe schaffen.

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Die Zeppelin Anlagenbau produziert Silos für Schüttgüter und beschäftigt 1.300 Mitarbeiter in Friedrichshafen und weltweit. Er gehört zum internationalen Zeppelin Konzern mit insgesamt 190 Standorten und einem Umsatz von über 2,33 Milliarden Euro im Jahr 2015. Weitere Geschäftseinheiten sind Baumaschinen EU (Vertrieb und Service von Baumaschinen), Baumaschinen CIS (Vertrieb und Service von Bau- und Landmaschinen), Rental (Miet- und Projektlösungen für Bauwirtschaft und Industrie) Power Systems (Antriebs- und Energiesysteme) sowie Z Lab (digitale Geschäftsmodelle).


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Integrationslotsen betreuen Unternehmen, die Flüchtlingen einen Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen wollen. Markus Singler ist einer von fünf Integrationslotsen des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, der das Projekt finanziert. Organisatorisch ist das Projekt beim gemeinnützigen Bildungsträger BBQ Berufliche Bildung gGmbH angesiedelt. Interessenten erreichen Singler unter singler.markus@biwe-bbq.de

Bildinfo: Haschem Al-Sheikh in der Ausbildungswerkstatt von  Zeppelin Anlagenbau.
Fotos: Walter Nägele, Arbeitsagentur