Die Präsidentin des baden-württembergischen Landtags, Muhterem Aras, hat am Montag, 12. November 2018 den Bodenseekreis besucht. Am Abend sprach Aras im Landratsamt über „100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland“. Denn der 12. November 1918 gilt als Geburtsstunde des aktiven und passiven Frauenwahlrechts in Deutschland. Deutschland brauche mehr Frauen in Parlamenten und Führungspositionen, so die Politikerin.
„Vor genau einhundert Jahren wurde die deutsche Demokratie demokratisch“, sagte Muhterem Aras im Rahmen der Abschlussveranstaltung der Initiative BoRa. Das Kürzel steht für Bodensee-Ravensburg. Zwei Jahre lang haben sich hier Frauen aus Politik und Gesellschaft parteiübergreifend für mehr weibliche Teilhabe insbesondere in der Kommunalpolitik eingesetzt.
Aras schlug in ihrer Rede vor rund 100 Gästen den Bogen über knapp zwei Jahrhunderte politischer Kultur in Europa und Deutschland bis hin zu den Herausforderungen der heutigen Zeit: „Von der französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts bis in das Jahr 1918 sind Frauen wieder und wieder für ihr demokratisches Recht aufgestanden. Wieder und wieder haben Sie gekämpft, gestritten, gerungen. Bis zu dem Erfolg, dessen 100-jähriges Jubiläum wir heute feiern.“ Sichtbare Belege dieses Erfolges seien die nunmehr vielen bekannten Namen von Frauen in politischen Spitzenämtern. So betrage der Frauenanteil im aktuellen Bundeskabinett 44 Prozent. Auch sie selbst, erste weibliche Landtagspräsidentin in Baden-Württemberg, sei ein Beispiel dieses Erfolges.
Dass das Ringen um die politische Teilhabe von Frauen aber längst nicht beendet sei, machte Muhterem Aras mit Blick auf die Kommunalpolitik deutlich: „In den Kreistagen liegt der Frauenanteil bei lediglich 19 Prozent. In Baden-Württemberg gibt es 26 Gemeinderäte ohne gewählte Frauen!“ Bürgermeisterinnen gäbe es in nicht einmal jedem zwölften Rathaus. Und auch die Zahl der Frauen an der Spitze der hiesigen Landkreise sei mit drei Fingern abzuzählen.
„Liebe Frauen“, wandte sich die Landtagspräsidentin direkt an die Zuhörerinnen, „das ist nichts, was wir einfach so hinnehmen dürfen. Frauen müssen wieder aufstehen und für Gleichberechtigung eintreten. Frauen müssen in die Politik und an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken.“ Dazu brauche es Frauen, die sich gegenseitig unterstützen, so wie dies in der Initiative BoRa beispielhaft geschehen sei, so Aras.
„Auch im Kreistag des Bodenseekreises sind Frauen mit einem Anteil von nur 14 Prozent schlicht unterrepräsentiert“, bekräftigte Veronika Wäscher-Göggerle, Frauen- und Familienbeauftragte des Landkreises. Ihre Erfahrungen und Kompetenz würden aber dringend in der politischen und öffentlichen Arbeit gebraucht, warb Wäscher-Göggerle für mehr weibliches Engagement in der Kommunalpolitik.
Dass sich der Bodenseekreis hier verbessern und unterstützende Rahmenbedingungen beispielsweise für politisch engagierte Mütter schaffen wolle, machte Landrat Lothar Wölfle bereits in seinen Begrüßungsworten deutlich: „Ich werde dem Kreistag vorschlagen, dass es künftig eine Kinderbetreuung während der Kreistagssitzungen gibt, damit auch Eltern junger Kinder sich für dieses politische Amt interessieren“, kündigte Wölfle an. Die Idee dazu sei spontan im Gespräch entstanden, als die Landtagspräsidentin am Nachmittag den Familientreff „Insel“ in der Friedrichshafener Scheffelstraße besucht hat, berichtete Wölfle.
Familientreffs sind eine Besonderheit der Jugendhilfe im Bodenseekreis. Mit 21 solchen Einrichtungen gibt es nahezu flächendeckend diese niederschwelligen Angebote für Eltern und Kinder. Sie werden in der Regel vom Landkreis gemeinsam mit örtlichen Elternvereinen getragen. Das Jugendamt beschäftig dafür 19 sozialpädagogische Fachkräfte. Die jeweilige Stadt oder Gemeinde stellt Räume und Ausstattung zur Verfügung.
www.bora-frauenpolitik.de
www.bodenseekreis.de/soziales-gesundheit/familie-kinder/familientreffs/
Bildinfo: Landtagspräsidentin Muhterem Aras bei Ihrer Ansprache im Atrium des Landratsamts in Friedrichshafen.
Fotos: Landratsamt Bodenseekreis
