Von seinen drei Straßenmeistereien in Markdorf, Tettnang und Überlingen aus leistet das Straßenbauamt des Bodenseekreises den Winterdienst für die außerörtlichen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen. Für dieses rund 660 Kilometer lange Straßennetz stehen 23 Räum- und Streufahrzeuge zur Verfügung. Das Ziel: Ab 6:00 Uhr morgens sollen die Straßen befahrbar sein. Moderne Technik hilft dabei. Aber auch jeder Autofahrer trägt Verantwortung dafür, dass der Verkehr rollen kann.
Um gegen Schnee und Glätte auf den Straßen im Bodenseekreis anzugehen, haben die drei Straßenmeistereien des Landkreises zehn eigene Einsatzfahrzeuge zu Verfügung. Weitere 13 Räum- und Streufahrzeuge sind bei Fremdunternehmern angemietet. Sogar eine Schneefräse kann angefordert werden, wenn es in den Höhenlagen zu starken Schneeverwehungen kommt. Mit am Start ist in diesem Jahr im Bereich der Straßenmeisterei Tettnang erstmals auch ein nagelneues Streu-, Sprüh- und Räumfahrzeug. Der 440 PS starke Dreiachser ist mit sechs Tonnen Salz und 6.000 Litern Sole (Kochsalzlauge) beladen. Zudem ist er mit Technik und Sensoren gespickt, um möglichst effektiv gegen Schnee und Glätte vorgehen zu können. So kann damit schon bei drohender Reifglätte vorbeugend Sole ausgebracht werden. Der Winterbolide mit seiner Zusatzausrüstung für den Winterdienst hat einen Beschaffungswert von fast 400.000 Euro. Er wird vor allem auf den Bundesstraßen im Bereich Friedrichshafen, Kressbronn und Tettnang eingesetzt. Winterdienstfahrzeuge dieser Güteklasse sieht man üblicherweise nur auf Autobahnen. Bis zu 35 Kilometer Straße schafft er damit in einer Stunde, wenn er gut durchkommt. Bei Schnee und dichtem Verkehr wird es weniger.
Alle großen Winterdienstfahrzeuge des Bodenseekreises sind mit einer digitalen Datenerfassungs- und Steuerungstechnik (Telematik) ausgestattet. Mit der eingebauten Elektronik wird die erforderliche Menge des Streumaterials temperatur- und geschwindigkeitsabhängig ausgebracht. Diese Technik gewährleistet den wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Einsatz des Streusalzes nach dem Grundsatz „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“.
„Unentbehrlich bleibt aber immer das Können und der Erfahrungsschatz der Fahrer, ohne die auch die beste Technik nicht sinnvoll eingesetzt werden kann“, macht Gerd Miez, Betriebsreferent des Straßenbauamts, deutlich. Insgesamt arbeiten im Auftrag des Bodenseekreises etwa 60 Männer im Winterdienst, die in drei Schichten sowie einem Basisdienst organisiert sind. Die Einsatzplanung macht der jeweilige Straßenmeister an den drei Standorten.
Glättebekämpfung mit Feuchtsalz
Die Salzhallen des Landkreises sind aktuell mit 3.000 Tonnen Streusalz gefüllt. Ein Liefervertrag, der die Straßenmeistereien vor Privatkunden bevorrechtigt, soll Engpässe vermeiden, falls der Winter doch länger und härter wird. Die Straßenmeistereien setzen dabei überwiegend die Feuchtsalztechnologie FS 30 ein: Unmittelbar vor dem Ausbringen wird das feste Streusalz mit einer Salzlösung (Sole) auf dem Streuteller gemischt. Das Mischungsverhältnis beträgt 70 Prozent Trockensalz und 30 Prozent Sole. Wenn die modernen Winterdienst-Lkw nur flüssiges Taumittel ausbringen, spricht man von FS 100, also 100 Prozent Sole. Für die Sole wird Natriumchlorid verwendet, also normales Kochsalz. „Feuchtsalz hat den Vorteil, dass es gut dosiert und verteilt werden kann und es weniger Wehverluste als bei Trockensalz gibt“, erklärt Gerhard Miez. Das innovative FS-100-Verfahren mit „Sole pur“ ist besonders effektiv bei unmittelbar bevorstehender Glättebildung.
Winterdiensteinsatz ab 3:00 Uhr morgens
Der Winterdienst ist so organisiert, dass im Zeitraum von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr die Befahrbarkeit nach besten Kräften gewährleistet wird. Für die Besatzungen der Winterdienstfahrzeuge bedeutet das: Ausrücken schon um 3:00 Uhr. An Sonn- und Feiertagen geht es gerade mal eine halbe Stunde später los. Die Schicht beginnt aber noch früher: Bereits um 2:00 Uhr in der Nacht gehen die Einsatzleiter auf Kontrollfahrt. Wenn nicht ohnehin gleich klar wird, dass ein Einsatz ausgelöst werden muss, helfen Wetterdaten aus dem Straßenwetterdienst-Informationssystem (SWIS) des Deutschen Wetterdienstes. Außerdem liefern drei Glättemeldeanlagen, die auf dem Höchsten, der B 31 bei Nesselwangen und an der Ortsumfahrung Kressbronn installiert sind, nützliche Echtzeitinfos.
Der Computer räumt mit
Das Telematik-System in den Streu- und Räumfahrzeugen erfasst in Echtzeit sowohl die jeweilige Position des Fahrzeuges als auch den aktuellen Einsatz. Es werden permanent die Fahrstrecke, die ausgebrachten Streumengen und die Position des Schneepflugs an die Einsatzzentralen in den Straßenmeistereien gefunkt. So können diese dann bei Bedarf steuernd eingreifen und die Einsätze werden lückenlos dokumentiert.
Bei der Routenplanung hilft ein Computerprogramm, das neben der Reichweite der einzelnen Fahrzeuge auch die unterschiedliche Bedeutung der Straßen berücksichtigt. „Bundesstraßen, gefährliche Stellen und Steigungen haben bei uns oberste Priorität. Vor Ort kann aber der Fahrer entscheiden, welche Stelle er zuerst anfährt“, erklärt Betriebsreferent Miez.
Wenn alles gut läuft und die Wetterlage günstig ist, ist das gesamte außerörtliche Straßennetz des Bodenseekreises innerhalb von drei Stunden komplett geräumt und gestreut. Für die Ortsdurchfahrten sind die jeweiligen Städte und Gemeinden zuständig, werden auf den klassifizierten Straßen aber nach Kräften durch den Winterdienst des Kreises unterstützt. Klassifiziert sind Straßen mit einer besonderen Bedeutung für den überörtlichen Verkehr, vor allem also Bundes-, Landes und Kreisstraßen.
Die Natur ist stärker als die beste Vorbereitung
Auch bei bester Vorbereitung und frühzeitigem Einsatzbeginn kann nicht ausgeschlossen werden, dass während eines länger anhaltenden Schneefalles mit einer geschlossenen Schneedecke gerechnet werden muss. Auch kann es immer stellenweise zu Reif- und Eisglätte kommen. Setzt der Schneefall erst während des Berufsverkehrs ein, ist es eine besondere Herausforderung, die Fahrbahnen für den fließenden Verkehr freizubekommen. Denn der rollende Verkehr fährt den Schnee auf der Fahrbahn fest. Zudem kommen die Räumfahrzeuge nur erschwert durch. Eine Garantie auf freie Fahrt kann es für die Autofahrer deshalb nicht geben, macht das Landratsamt klar.
Appell an die Verkehrsteilnehmer
Alle Verkehrsteilnehmer sollten bei Schnee und Eis Vorsicht walten lassen. Eine dem Straßenzustand angepasste Fahrgeschwindigkeit vermindert das Risiko von Unfällen. Auch kommt es immer wieder zu massiven Behinderungen durch Fahrzeuge, die nicht ausreichend für den Winter ausgerüstet sind. Ein wegen schlechter Bereifung liegengebliebener LKW auf der B 31 reicht aus, um dort den kompletten Verkehr zum Erliegen zu bringen. In einem solchen Fall ist auch für die Räumfahrzeuge die Weiterfahrt äußerst schwierig. Daher appelliert Straßen-Manager Miez an alle Autofahrer: „Ermöglichen Sie den Räumfahrzeugen das Durchkommen und treten Sie bei drohendem Schneefall und Eisglätte die Fahrt nur mit entsprechender Winterausrüstung an.“
Hierauf sollten Autofahrer achten:
• Winterreifen mit ausreichend Profil
• Gegebenenfalls Schneeketten
• Funktionsfähige Batterie
• Ausreichend frostsichere Flüssigkeit in der Scheibenwischanlage
• Gute Rundumsicht aus dem Fahrzeug
• Freie Scheinwerfer, Rückleuchten und Blinker.
Zahlen und Daten:
• Länge des zu pflegenden Straßennetzes: 660 Kilometer.
• Mitarbeiter im Winterdienst (inkl. externe Firmen): 60.
• Anzahl der Räumfahrzeuge: 23.
• Kilometerleistung der gesamten Räumflotte während eines durchschnittlichen Winters: rund 140.000 Kilometer.
• Winterdienst auf Radwegen: insgesamt 25 Kilometer, Mo. - Fr. 7:00 bis 16:00 Uhr, Fr. bis 13:00 Uhr.
• Reichweite einer Salzladung der Streu- und Räumfahrzeuge: 25 bis 70 Kilometer, je nach Fassungsvermögen der Streugeräte und ausgebrachter Menge pro Kilometer.
• Salzverbräuche der vergangenen Winter: 2014/2015: 1087.937 l Sole und 4.980 t Streusalz, 2015/2016: 870.364 l Sole und 2.840 t Streusalz, 2016/2017: 983.718 l Sole und 3.106 t Streusalz, 2017/2018: 965981 l Sole und 3.050 t Streusalz.
• Kosten des Winterdienstes der Kreis-Straßenmeistereien, je nach Härte und Dauer des Winters: 0,5 bis 1,7 Mio. Euro.
• Neuwert eines voll für den Winterdienst ausgestatteten Spezial-LKW der Straßenmeistereien: rund 300.000 bis 400.000 Euro.
• Preis eines Streuautomaten mit Depotbehälter für einen LKW: 32.000 bis 49.000 Euro.
• Preis eines Schneepflugs/Räumschilds: 16.000 bis 23.000 Euro.
Das Team der Straßenmeistereien des Bodenseekreises wünscht allen Verkehrsteilnehmern eine sichere Fahrt durch die kalte Jahreszeit.
Bildinfo: Der neue Winterdienstbolide ist in dieser Saison erstmals im Einsatz bei der Kreisstraßenmeisterei in Tettnang. Bis zu 35 Kilometer Räum- und Streudienst schafft er in der Stunde. Topmodern ist auch die Sole-Sprühanlage, die effektiv gegen drohende Glättebildung eingesetzt werden kann.
Fotos: Landratsamt Bodenseekreis