Der Kreistag des Bodenseekreises hat am 19. März 2024 eine Resolution zur Flüchtlings- und Asylpolitik von Bund und Land verabschiedet:
Präambel
Der Kreistag Bodenseekreis bekennt sich zum grundgesetzlich geschützten Recht auf Asyl und Schutz für von Verfolgung bedrohten Menschen.
Beschluss
1. Der Kreistag Bodenseekreis stellt fest, dass die wachsende Zahl Geflüchteter und Asylbewerber, die in Deutschland Schutz suchen, Bund, Länder und Kommunen vor enorme finanzielle, kapazitäre und organisatorische Herausforderungen stellt. Der Kreistag Bodenseekreis ist der Auffassung, dass die Kapazitätsgrenzen zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen und Asylbewerbern auch und insbesondere im Bodenseekreis ausgeschöpft, die realistischen Integrationsgrenze im Sinne des Leistungs- und Integrationsvermögen in den Kreiskommunen erreicht und die Akzeptanz der Bevölkerung für ein „Weiter so, wie bisher“ nicht mehr gegeben ist. Ohne Begrenzungsmaßnahmen, die wirken, erachtet der Kreistag die menschenwürdige Aufnahme weiterer Flüchtlinge und Asylbewerber spätestens ab April 2024 als nicht mehr möglich an.
2. Der Kreistag Bodenseekreis sieht eine dringende Notwendigkeit, das geltende Asyl- und Flüchtlingsrechtsrechtssystem in einer Weise anzupassen, dass die dringenden massiven Hilferufe der Kommunalverbände, Städte und Gemeinden von Land und Bund endlich gehört, alle zur Abhilfe sinnvollen und dringend notwendigen Maßnahmen entschlossen angegangen und die dazu erforderlichen gesetzlichen Änderungen unverzüglich beschlossen und so schnell wie möglich umgesetzt werden.
3. Flüchtlinge sollen in zentralen Aufnahmeeinrichtungen bleiben und erst an die Kommunen verteilt werden, wenn diese als Flüchtling anerkannt sind: Die jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse des „Migrationsgipfels“ zur Flüchtlingspolitik von Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Länder vom 6.11.2023 gehen dabei zwar in die richtige Richtung. Der Gemeindetag Baden-Württemberg merkt jedoch völlig zu Recht an, dass damit die aus kommunaler Sicht dringend erforderliche Begrenzung der irregulären Migration nicht schnell genug erreicht werden kann. Für die Städte und Gemeinden geht es darum, dass nur noch diejenigen von Bund und Land die Kreise, Städte und Gemeinden verteilt werden, die ein gesichertes Bleiberecht haben. Der Kreistag Bodenseekreis schließt sich diesem Befund und der Forderung des Gemeindetags Baden-Württemberg ausdrücklich an.
4. Sicherung der Rechtsgrundlage für die Durchführung der Asylverfahren in geeigneten Drittstaaten und keine Einreise ohne zuverlässige Klärung der Herkunft: Der Kreistag Bodenseekreis teilt darüber hinaus ausdrücklich die Auffassung des Landkreistages Baden-Württemberg, dass es „mit Blick auf die gesamtgesellschaftliche Stimmungslage statt „Prüfaufträgen klarer Verabredungen zwischen Bund und Ländern insbesondere im Hinblick auf die Durchführung von Asylverfahren in geeigneten Drittstaaten oder dazu, dass zur Vermeidung von Sekundärmigration die sozialen Transferleistungen für neu ins Land kommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf das für Asylsuchende geltende Niveau zurückgeführt werden, bedurft hätte.“
5. Aus Sicht des Kreistages Bodenseekreis ist es zu bedauern, dass die Kommunen am „Migrationsgipfel“ vom 06.11.2023 nicht direkt beteiligt und dort Beschlüsse ohne direkte Mitwirkung der Kommunen gefasst wurden. Der Kreistag Bodenseekreis teilt in weiten Teilen die Sicht der Bundesländer Bayern und Sachsen, wonach es eine „grundlegende Wende in der Migrationspolitik und es statt eines bloßen Klein-Kleins einer wuchtigen Neuordnung braucht. Der Kreistag Bodenseekreis schließt sich deshalb den Forderungen beider Bundesländer laut Protokollerklärung zum „Beschluss TOP 6 Flüchtlingspolitik – Humanität und Ordnung“ des „Migrationsgipfels“ vom 6.11.2023 an, wonach „der irreguläre Migrationsdruck unverzüglich und umfassend begrenzt werden muss.“ Auch aus Sicht des Bodenseekreises „droht ansonsten die völlige Überforderung der Kommunen und eine Gefährdung der politischen Stabilität des Landes.“ Der Kreistag Bodenseekreis fordert die Bundesregierung ebenfalls auf, umgehend folgende Maßnahmen laut o.g. Protokollerklärung zu ergreifen:
a) Es bedarf einer realistischen Integrationsgrenze für Deutschland, die sich am Leistungs- und Integrationsvermögen der Kommunen orientiert. Es gilt in der aktuellen Lage grundlegende Reformen anzustreben und Migrationsfragen neu zu überdenken. Ziel muss es sein, dass an der deutschen Grenze jene wirksam zurückgewiesen werden können, die keinen Anspruch auf Schutz haben. Soweit möglich sollten nationale Asylverfahren zukünftig in Drittstaaten durchgeführt werden. Zugleich gilt es zu verhindern, dass bereits abgelehnte Bewerber immer wieder neue Anträge stellen. Hierzu sind klare Regeln erforderlich. Denn das ist auch gerechter gegenüber jenen, die verfolgt werden und zu Recht auf unsere Hilfe vertrauen.
b) Abschiebungen müssen konsequent erfolgen und Abschiebungen müssen möglich werden, sobald die Begehung einer Straftat rechtskräftig festgestellt worden ist, die nicht mehr mit einer Geldstrafe geahndet werden kann: Statt Sonderaufnahmeprogrammen braucht es vollziehbare Rückführungsabkommen mit den Asylherkunftsländern. Auch können zentrale Bundesausreisezentren an den großen deutschen Flughäfen Abschiebungen deutlich erleichtern und beschleunigen. Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten ist substantiell auszuweiten (insbesondere auf die Maghreb-Staaten, Indien, Armenien). Die geschützten Rechte nach §60/5 und §60/7 AufenthG sind bei der Rückführungsoffensive zu betrachten.
c) Finanzielle Leistungen an Flüchtlinge müssen in der Europäischen Union vereinheitlicht werden: Zuzugsanreize und soziale Pull-Faktoren nach Deutschland müssen reduziert werden, indem die nationalen Sozialleistungen für Flüchtlinge auf das europäische Maß abgesenkt werden. Dazu müssen in ganz Deutschland Geldleistungen konsequent durch Sachleistungen und eine Bezahlkarte ersetzt werden. Zudem sind Bürgergeld und Asylleistungen zu entkoppeln. Es darf schlicht keine Vermischung von Bürger- und Asylgeld mehr geben. Denn es kann nicht sein, dass jemand, der noch nie einbezahlen konnte, die gleichen Leistungen bekommt wie jemand, der sein Leben lang gearbeitet und eingezahlt hat. Zugleich ist dafür zu sorgen, dass mehr Asylbewerber gemeinnützige Arbeit leisten.
D) Kein Bleiberecht ohne Bekenntnis zur Verfassung, Religionsfreiheit und Rollengerechtigkeit: Seit vielen Jahren wächst die Sorge vor Parallelgesellschaften. Bei aller Demonstrationsfreiheit: IS-Demos und antisemitische Kundgebungen müssen verboten und die Teilnahme unter Strafe gestellt werden. Wer sich nicht zu unseren Werten bekennt und nicht zu unserer Verfassung steht, hat keine dauerhafte Perspektive in unserem Land. Bei doppelter Staatsbürgerschaft soll in diesen Fällen der Verlust des deutschen Passes nach Artikel 16 Grundgesetz geprüft werden. Zudem braucht es härtere Strafen für Verfassungsfeinde. Bei der Migration muss insgesamt nicht nur beachtet werden, wie viele Menschen zu uns kommen, sondern auch wer und mit welcher Gesinnung. Wenn das Bekenntnis zu Israel Staatsräson ist, muss der Staat auch entsprechend handeln.
e) Die Kommunen müssen von den Kosten für Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen vollständig freigestellt werden: Um die Folgen des Zugangsgeschehens und der Belastungen für Länder und Kommunen abzumildern, bedarf es einer angemessenen Beteiligung des Bundes an den Kosten der Aufnahme, Unterbringung und Integration geflüchteter Menschen. Die vom Bund in Aussicht gestellte Beteiligung ist unzureichend und wird der dramatischen Situation vor Ort nicht annähernd gerecht. Geld allein wird die Herausforderungen der Zuwanderung nicht lösen, aber ohne finanzielle Absicherung der notwendigen Maßnahmen wird es nicht funktionieren.
6. Der Landrat wird dazu beauftragt, die Landes- und Bundesregierung, Wahlkreisabgeordneten und die Medien auf die angespannte Situation und die Handlungsnotwendigkeiten hinzuweisen.