In der Tettnanger Wilhelmstraße 20 richtet das Jugendamt Bodenseekreis eine Betreuungseinrichtung für geflüchtete Minderjährige ein. Ab Ende Mai 2024 sollen dort 17 Jugendliche und junge Erwachsene in einer sozialpädagogisch betreuten Wohnform leben.
Die in der Fachsprache unbegleitete minderjährige Ausländer, kurz UmA, genannten jungen Menschen sind schulpflichtig und werden tagsüber in der Wohneinrichtung durch ausgebildete Betreuerinnen und Betreuer begleitet. Diese stellen sicher, dass die Jugendlichen einen geregelten Tagesablauf und Verpflegung haben und kümmern sich um die Notwendigkeiten des täglichen Lebens. Nachts ist Sicherheitspersonal dort.
Voraussichtlich werden hier überwiegend 15- bis 17-jährige Jungs einziehen, die ohne sorgeberechtigte Begleitung im Bodenseekreis angekommen sind. Deshalb ist das Jugendamt des Landratsamts für sie zuständig. Mit der sozialpädagogischen Betreuungsarbeit hat das Jugendamt des Bodenseekreises die Arkade e. V. / Synergie GmbH aus Friedrichshafen beauftragt, also einen professionellen Träger der Jugendhilfe. Das bereits in den Vorjahren von Kreis und Stadt als Gemeinschaftsunterkunft genutzte ehemalige Ladengeschäft wurde vom Landkreis zunächst bis Januar 2028 angemietet.
Aktuell ist absehbar, dass ein Teil der minderjährigen Geflüchteten aus der Notunterkunft in der Sporthalle des Berufsschulzentrums Friedrichshafen hierher umziehen wird. Die meisten der derzeit hier lebenden geflüchteten Jugendlichen kommen aus afrikanischen und asiatischen Ländern.
Die Fluchtgründe, warum junge Menschen alleine nach Deutschland kommen, sind vielfältig. Viele werden alleine auf den Weg geschickt, um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Einige wurden auf der Flucht von ihren Eltern getrennt. Auch der Tod der Eltern und Gewalt, Krieg oder Misshandlungen im Heimatland zwangen einige zur Flucht. Die bisherigen Erfahrungen des Jugendamts zeigen, dass die Jugendlichen in aller Regel sehr bemüht sind, sich in ihrem neuen Umfeld schnell zurechtzufinden und gemeinsam mit den betreuenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine neue Perspektive für ihr Leben zu entwickeln.
Bevor Leben in die neue Einrichtung einzieht, stellen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des beauftragten Jugendhilfeträgers der Nachbarschaft persönlich vor. Sie gingen und gehen dazu von Haustür zu Haustür und bieten an, den Betrieb und die Betreuung in der Einrichtung zu erklären. Um künftig einen „kurzen Draht“ bei aufkommenden Fragen oder Problemen zu haben, werden auch Kontaktdaten übergeben.
Die anhaltende Migrationskrise fordert Landkreise und Kommunen aktuell extrem. Die Versorgung und Betreuung unbegleiteter Jugendlicher muss dabei gesetzlich nach Jugendhilfestandards erfolgen. Aktuell kümmert sich das Jugendamt des Bodenseekreises um 96 junge geflüchtete Menschen. Diese Betreuung dauert in der Regel bis zur Volljährigkeit an, beziehungsweise bis Angehörige in Deutschland ausfindig gemacht werden konnten. Unter bestimmten Voraussetzungen begleitet das Jugendamt die jungen Menschen auch noch beim Schritt ins Erwachsenenleben. Diese Betreuung und Begleitung leistet das Jugendamt für alle jungen Menschen in seiner Obhut, unabhängig von deren Herkunft und ausländerrechtlichem Status.