Vor zehn Jahren bekannte sich Deutschland zur UN-Behindertenrechtskonvention, einem völkerrechtlichen Vertrag, der Inklusion zum Menschenrecht erklärt. Seither geht es nicht mehr nur um die Fürsorge für Hilfsbedürftige in unserem Land, sondern um deren gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Doch der Weg dahin ist lang. Wie Inklusion in den Städten und Gemeinden des Bodenseekreises verstanden, gelebt und verantwortet wird, ist das Schwerpunktthema des neuen Kreisjahrbuches „Leben am See“. Band 37 der Reihe, die der Bodenseekreis zusammen mit den beiden größten Städten herausgibt, lässt viele Protagonisten zu Wort kommen. So wie Tiemo Odenbach, Bewohner der Stiftung Liebenau, der zum ersten Mal wählen durfte. Oder den Überlinger Mundmaler Lars Höllerer, der aus seinem Handicap buchstäblich Kunst gemacht hat. Oder Sebastian Dierig, der als Betroffener und Beauftragter für Menschen mit Handicap sehr genau beschreibt, wo noch Handlungsbedarf besteht.

 Es gibt faszinierende Beispiele dafür, wo versucht wird, die Teilhabe behinderter Menschen in einem ganzen Ort zu leben. So wie in Oberteuringen. Dabei hilft das „Haus am Teuringer“ genauso wie eine Beauftragte für Inklusion, die die Gemeinde seit drei Jahren beschäftigt. Verena Bentele, ehemalige Spitzensportlerin und aktuelle Präsidentin des Sozialverbandes VdK, wuchs - von Geburt an blind - in Tettnang auf einem Bauernhof auf. „Egal ob beim Reiten, Radeln oder auf der Skipiste: Unsere Eltern haben mir beigebracht, dass mit der besten Unterstützung, mit einem Team, vieles machbar ist“, sagt sie im Interview, in dem sie ihre privaten und beruflichen Erfahrungen mit Inklusion schildert. Die kann nicht staatlich verordnet und von Ämtern geregelt werden, sagt Ignaz Wetzel, Sozialdezernent im Bodenseekreis. Nur wenn viele mitmachen, kann Inklusion funktionieren.

Zwei Drittel der 45 Beiträge im neuen Kreisjahrbuch, geschrieben von fast so vielen Autoren, erzählen spannende und beeindruckende Geschichten aus Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Landwirtschaft, Kultur und Kunst, Sport und Ehrenamt, Geschichte und Chronik. In der Reihe „Besondere Berufe“ werden die Schiffsanbinder aus Immenstaad vorgestellt. Was der deutsche Astronaut Alexander Gerst vom Bodensee mit auf seinen Weltraumflug nahm, wie zwei Studenten der Welt ganz einfach den Klimawandel erklären, zwei Männer zu Schlossherren wurden oder dass ein Kunsthandwerker aus Heiligenberg mit Goldfäden klöppeln kann, erfahren die Leser des neuen „Leben am See“ aus erster Hand.

Politik und Gesellschaft

  • „Durch Souveränität vom Rand in die Mitte der Gesellschaft“
    In fünf Gemeinden des Bodenseekreises arbeiten zurzeit Behindertenbeauftragte. Einer von ihnen ist Sebastian Dierig in Überlingen. Er lebt selbst von Geburt an mit mehreren körperlichen Einschränkungen. Ein Porträt des Überlinger Behindertenbeauftragten.
  • Ein Dorf wird inklusiv
    Oberteuringen ist ein Dorf. Dort wohnen Menschen. Annika Taube arbeitet in Oberteuringen. Sie hat ein Büro. Das Büro ist in einem großen Haus. Es heißt Haus am Teuringer. Das Haus ist für die Menschen in Oberteuringen. Annika Taube hilft, dass alle mitmachen können. Alle sind willkommen.
  • „Mit der besten Unterstützung ist vieles machbar“
    Ein Interview mit der aus dem Bodenseekreis stammenden ehemaligen Spitzensportlerin und aktuellen Präsidentin des Sozialverbandes VdK Verena Bentele über ihre privaten und beruflichen Erfahrungen mit Inklusion sowie die Ärgernisse im Alltag von Menschen mit Sehbehinderung.
  • Der Herrgott hat sie wohl gehört
    Die Überlinger Büttenrednerin Anny Hamm ist 104 Jahre alt und findet, dass das noch nicht alt genug ist.
  • Mitwirkung mit Wirkung: 100 Jahre Frauenwahlrecht
    „Die Gleichstellung von Frau und Mann ist ein Indikator für den Entwicklungsstand einer ganzen Gesellschaft, noch vor dem Bruttosozialprodukt, der Kindersterblichkeit und der Lebenserwartung.“ (Zitat aus den Milleniumszielen der UN)
  • Wer wählen will, der darf
    Tiemo Odenbach lebt in der Stiftung Liebenau. Warum er wählen will und manche bisher nicht durften.
  • Vom Paulinchen zur gestandenen Paula
    Pauline 13 e.V. oder: Der Aufbau der ambulantenpsychatrischen Versorgung im Bodenseekreis.
  • Unterstützung auf dem letzten Weg
    Die meisten wollen zuhause sterben. Das neu aufgebaute Palliativteam Bodensee hilft todkranken Menschen, diesen Wunsch zu erfüllen.
  • „Inklusion kann man nicht verordnen“
    Ein Gespräch mit Sozialdezernent Ignaz Wetzel und der Behindertenbeauftragten des Bodenseekreises, Dorothea Horn, über Um- und Aufbrüche im Zusammenleben mit behinderten Menschen.
  • „Ich bin bekennende Gewinnerin der Wende und der Deutschen Einheit“
    Auszüge einer Rede der ehemaligen Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen anlässlich der Feierstunde zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2018 in Hagnau

Wirtschaft und Landwirtschaft

  • Ein Miteinander auf Augenhöhe
    Auf dem Lehenhof in unmittelbarer Nachbarschaft zum Höchsten leben Menschen mit und ohne Behinderung seit über 50 Jahren nach den Idealen Camphills. Längst ist die Camphill-Dorfgemeinschaft in das gesellschaftliche Leben des Deggenhausertals integriert. Sowohl auf dem Lehenhof als auch unten im Tal gilt: Hier zählt der Mensch, nicht seine Beeinträchtigungen.
  • Leichte Sprache ist manchmal ganz schön schwer
    Ein Blick in die Prüfergruppe für Leichte Sprache der Stiftung Liebenau, zu der auch die Textprüfer Irmgard Weiland und Tobias Kieble gehören.
  • Behutsamer Umgang mit der Erde und mit Menschen
    Was die Sonett GmbH im Deggenhausertal aus- und damit anders macht.
  • Mode zu designen reicht Annika Klaas nicht
    Egal ob Qualität, Technik, Optik oder Herkunft - die Daisendorferin will ihre Kleidungsstücke vom Faden an beeinflussen - nachhaltig.
  • Kluge Kugel hilft Astronauten auf der Raumstation ISS
    „Hallo, ich bin Cimon. Ich bin ein Astronauten-Assistent und wohne derzeit auf der Internationalen Raumstation ISS. Genauer gesagt im europäischen Columbus-Modul, Box 5088, rund 400 Kilometer über Euren Köpfen. Was ich dort mache? Wie ich dort hingekommen bin? Und: Wer oder was ich überhaupt bin? Das hat ein menschlicher Kollege von Airbus aus Immenstaad mal ganz traditionell zu Papier gebracht.“
  • Von Gold- und Lebensfäden
    Gerd-Ulrich Schubert fertigt in Heiligenberg Goldschmiede-Kunst in der Klöppel-Tradition seiner Vogtländer Heimat.
  • Ein Inselnetz für die Stromversorgung
    Microgrids tragen zur Energiewende bei: Sie kombinieren regenerative Energien mit Stromerzeugern wie Diesel- und Gasaggregaten in einem autarken Stromnetz. Rolls-Royce Power Systems hat das erste Microgrid in Friedrichshafen in Betrieb genommen.
  • Schiffe anbinden und mehr
    Besondere Berufe: Harald Freyer und Peter Heinrich sind Schiffsanbinder, die es in Immenstaad seit über 150 Jahren gibt. Sie versorgen nicht nur Schiffe, sondern kümmern sich um die Grünanlagen, sind Wetterdienst, Fundbüro und Auskunftsstelle, Fotomodell oder Fotograf.
  • Urlaub mit Einschränkung
    er Bodensee zieht immer mehr Urlauber ins „Ländle“, der Tourismus boomt. Wie aber steht es um die Barrierefreiheit der schönsten Reiseziele?

Sport und Ehrenamt

  • „Auch gehörlose Menschen schaffen das“
    Auf dem Fußballfeld ist Esref Su ein torgefährlicher und durchaus erfolgreicher Mittelfeldspieler. Mit einem Handicap: Er hört nichts.
  • Liebe auf den ersten Schritt
    Franziska Broschek und Dominik Heinrich aus Friedrichshafen haben eine gemeinsame Leidenschaft: das Tanzen. Beide feiern große Erfolge in ihrem Sport und schlagen dennoch unterschiedliche Lebenswege ein.
  • Wandern über alle Grenzen hinweg
    Bürger aus Sipplingen und aus dem sächsischen Langenwolmsdorf gehen seit 1992 gemeinsam auf Tour.
  • Der Berg ruft - und Florian Storkenmaier antwortet
    Dieser Schreiner ist aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt: Für eine Gipfeltour am nächsten Morgen lässt ein 19-Jähriger aus Langenargen-Oberdorf jede Party am Abend zuvor sausen. Im Juni 2019 schafft er es in den Expeditionskader des Deutschen Alpenvereins (DAV).
  • Das Glück der Erde
    Catrina ist 14 Jahre alt. Sie spürt ihre Beine nicht. Trotzdem kann sie mit zwei Stützen für ihre Beine gehen - und fühlt sich mit den vier Beinen ihres Pferdes Esmeralda unter sich manchmal wie im Himmel.
  • „Rad & Roll“ fördert Inklusion
    2017 mit der ersten Deutschen Gehörlosenradsportmeisterschaft gestartet, ist diese Sportveranstaltung in Friedrichshafen in mehrfacher Hinsicht eine runde Sache.
  • Sportlicher Ehrgeiz und Friedensfahrt in einem
    Warum sich einer aus Friedrichshafen mit dem Klappfahrrad 2200 Kilometer durch vier Staaten in die Partnerstadt Polozk schindet.
  • Wenn Tauchen mehr als ein Sport ist
    In Meckenbeuren befindet sich das Tauchzentrum des Bodenseekreises. Die Rettungstaucher der DLRG sind das ganze Jahr über in Bereitschaft.

Kunst und Kultur

  • Eine bunte Liebeserklärung an das Leben
    Ob expressionistische Landschaften, knallige Pop-Art-Stadtansichten oder vielschichtige Akte: Lars Höllerer ist einer der vielseitigsten Mundmaler.
  • Mauerläufer: Literatur aus dem Bodenseeraum
    Regional, radikal und randständig sind die programmatischen Eckpunkte des literarischen Jahreshefts, das Texte und Bilder versammelt und in diesem Jahr zum sechsten Mal erscheint.
  • Ein kleines Kultur- und Sittenbild
    „Dankrede für einen Preis, den ich nie bekommen habe“: Keine Literaturkritik, vielmehr eine Kritik des Literaturbetriebs.
  • Von der Freude, einen Turm zu haben, um ihn besteigen zu können
    Aus Liebe zu einem alten Schloss kaufte Werner Heine dieses vor 45 Jahren, lebt darin und arbeitet seitdem daran.
  • Von Überlingen auf die Bühnen dieser Welt
    Fabio Kopf ist 17 Jahre alt und will Musicaldarsteller werden. An der Musical Pop Dance Academy in Überlingen übt er das Singen, Musizieren, Tanzen und Schauspielern. Einen ersten großen Erfolg gab es schon: den ersten Platz in der Kategorie Musical bei „Jugend musiziert“.
  • Konzerte unter der Kastanie
    Von den vielen Talenten, die in Familie Panteleev stecken, die sich für einen ganz unspektakulären Lebensmittelpunkt als Rückzugsort entschieden hat.
  • Ein Lebensweg
    Begegnungen mit der Schriftstellerin Maria Beig (1920 - 2018).
  • Mit Herzblut im Dienst für die regionale Kunst
    Der Kulturpreis des Bodenseekreises 2019 geht erstmals an zwei Kunstvermittler: an Erika Lohner für die Galerie Plattform 3/3 in Friedrichshafen und die Galerie Fähnle in Überlingen.

Natur und Umwelt

  • Einblick in ein Schatzkästchen der Natur
    Seit 25 Jahren ist das Naturschutzzentrum im Eriskircher Ried ein Ort, der Jung und Alt die vielfältige Artenwelt dieser Landschaft am Seeufer nahe bringt.
  • Der Bodensee - Knotenpunkt des internationalen Wasservogelverkehrs
    Seit 55 Jahren werden am Bodensee mit vielen ehrenamtlichen Helfern und Wissenschaftlern Wasservögel gezählt. Aus der gewaltigen Datenmenge entstand eine Langzeitstudie von unschätzbarem Wert für die Forschung sowie den Schutz der Vögel und ihres Lebensraums.
  • Öko-Bestseller zum Preis einer Pizza
    Die Häfler Studenten Christian Serrer und David Nelles haben im Eigenverlag ein 5-Euro-Buch über den Klimawandel herausgegeben - und binnen weniger Monaten die erste Auflage von 100 000 Stück verkauft.

Geschichte und Chronik

  • Das Herz von Rengoldshausen
    Wie kaum eine andere Frau hat Dr. Cornelia Hahn im Bodenseeraum und darüber hinaus neue Räume und Wege geschaffen für die biologisch-dynamische Landwirtschaft, für unzählige Bildungsprojekte, soziale und kulturelle Initiativen mit Hunderten von Arbeitsplätzen.
  • Kulturgeschichte des Kinos
    Vor 100 Jahren eröffnete in Überlingen im Gasthof „Adler“ das erste Kino in der Stadt. Bis heute werden in dem Gebäude Filme gezeigt. Eine Sonderausstellung im Städtischen Museum erinnerte an die Geschichte.
  • Bewegende Schiffsgeschichten
    Ohne Schiffe und ihre Geschichten wäre der Bodensee nicht der Bodensee. Ein Blick zurück.
  • Nach fast 90 Jahren wieder aufgetaucht
    Die abenteuerliche Geschichte von der Entdeckung des Schiffswracks der „Jura“ im Bodensee und weshalb der Tauchsportclub Friedrichshafen deshalb ein fotografisches Vermächtnis bewahrt.
  • Den Opfern ein Gesicht geben
    Etwa 120 Menschen aus dem heutigen Bodenseekreis sind bekannt, die 1940/41 von den Nationalsozialisten ermordet wurden, weil sie eine körperliche oder geistige Behinderung hatten oder psychisch krank waren. Eine Arbeitsgruppe im Kulturamt des Bodenseekreises will möglichst viel über das Schicksal dieser Menschen erfahren und dokumentieren.
  • In der Euphemismus-Falle
    Inklusion und Exklusion durch Sprache: Wie bestimmte Begriffe dafür sorgen, Tabus oder Stigmatisierung zu vermeiden, Peinliches zu umgehen, Tatsachen zu beschönigen oder wahre Absichten zu verschleiern.
  • Mit Bleistift, Locher und Forscherdrang
    70 Jahre Seehasenfest Friedrichshafen: Karl Hess hat in 18 Jahren ein Seehasenfestarchiv aufgebaut, Peter Sikora führt das Werk im neuen Fundus fort.